Über die Menschenwürde Sandra Grosskopf 1020 Wien

Über die Menschenwürde und Entscheidungsfreiheit

Jeder der mich kennt, ist entweder von meinem beinahe wahnhaften Zwang Menschen, die mich um Geld bitten, mit diesem auszustatten, genervt, beschämt oder inspiriert. Ich vertrete die klare Überzeugung, dass jeder Mensch, der bettelt oder auf eine andere kreative Weise Geld erfragt, verdient hat dieses zu bekommen.

So ist es recht häufig der Fall, dass mich Fremde auf der Straße ansprechen, um mich davor zu warnen einem Betrüger in die Falle zu laufen. Umso überraschter die Reaktion, wenn ich klar sage, dass mir durchaus bewusst ist, dass der junge Mann nicht täglich Geld für sein Zugticket nach St. Pölten sammelt. Erst letzte Woche hatte ich eine angeregte Diskussion mit einem gesellschaftlich gut gestellten Mann. Er ist der Meinung, dass sofern er jemanden Geld gibt, er auch entscheiden darf, was dieser damit macht. So entscheidet er für den Menschen ob er ihm Essen, Kleidung oder ein Getränk seiner Wahl kauft. Ich empfinde das als grundlegend falsch. Der Würde eines Menschen gebührt es, ihn nicht zu bevormunden. Sich nicht über die Entscheidungsfreiheit eines anderen zu stellen. Ihn zum Almosenempfänger zu machen und wie ein Lehensherr zu entscheiden, wofür das Geld auszugeben ist. Niemand der mich für meine Arbeit bezahlt, erklärt mir was ich damit zu tun habe. Ich kann mein Geld für Alkohol, Drogen, Zigaretten, Kleidung und Obdachlosenunterstützung ausgeben, wie es mir Freude macht. Diese Würde und Achtung gestehe ich allen anderen Menschen auf dieser Welt auch zu. Viele von uns haben nicht das Glück in Mitteleuropa geboren und gut behütet aufgewachsen zu sein. Ihre einzige für sie mögliche Option ist zu betteln.

Umso schöner ist es zu sehen, wie mein Umfeld über die Jahre sich mit mir wandelt. Ganz oft habe ich in den letzten Monaten von Freundinnen gehört, dass sie seit sie mit mir Zeit verbringen, häufig auf der Straße wieder umdrehen und doch einige Euros entbehren. Das lässt mich nicht nur stolz und berührt darin bestärkt sein, genauso weiterzumachen – es zeigt mir auf eine weitere Weise, dass Yoga nicht auf der Matte stattfindet.

Take your practice off the mat!