Sie haben einen Krieg gesehen, sie werden uns nie verstehen!

Vor etwas mehr als einem Jahr ist meine Oma gestorben und der Schmerz, den ich verspüre ist weit größer als erwartet. Mit dem Sterben meiner Großeltern vergeht nicht nur Teil meiner Familiengeschichte. Die Generation um Christine Nöstlinger nimmt Erfahrungen mit von dieser Welt, die wir alle nur erahnen können. Eine Generation, die wenn nicht den Krieg zumindest die Jahre danach erlebt hat und mit diesem Wissen in eine völlig neue Welt, der Handys, Coffee to Go und rohem Fisch überzugehen hatte.

Meine Oma wurde als Kind einer armen Arbeiterfamilie mit einem alkoholkranken Vater geboren. Aufgewachsen im zweiten Bezirk musste sie die ersten 12 Jahre in einem Gitterbett für Babys schlafen. Wenn sie den Vorstellungen ihres Vaters nicht nachgekommen ist, stand stundenlanges knien am Holzboden an der Tagesordnung. Sollten sie und ihre Geschwister zu spät nach Hause kommen, wurden ihr Köpfe gegen den Türstock geschlagen, bis sie bluteten. Warum ich das alles weiß? Weil ihre verletzte Seele keine andere Möglichkeit gefunden hat, als mir im Volksschulalter weinend davon zu erzählen. Eine Generation an Menschen, die ihr Leid nicht teilen konnten und keinen Weg fanden ihrer Liebe Ausdruck zu verleihen. Ohne Liebe groß geworden, konnte sie ihren Kindern keine sichtbare geben. Erst bei uns Enkerln war es einfacher gewährend und zärtlich zu sein. Und jetzt, ein Jahr nach dem Tod wird mir ihre heroische Leistung bewusst. Ein Leben lang depressiv und alkoholkrank, um sich nicht zu spüren hat sie gelitten und dennoch versucht zu geben. Nie auf Urlaub gewesen und dennoch großzügig unsere Auslandsaufenthalte unterstützt und auch wenn ihr größter Traum war mich als Lehrerin in einem Gymnasium zu wissen, haben sie ihr hart erarbeitetes Geld als Kredit für den Aufbau meines Yogastudios bereitwillig gegeben um ihn mir später zu erlassen. Zuhause im Akkord Geldbörsen genäht, ohne je die Wohnung zu verlassen. Als Klofrau gearbeitet als es notwendig war und trotzdem nicht den Kopf geschüttelt, dass ihre Familie gerne gut und oft essen geht und wenn es doch so weit von allem Begreifbaren für sie war. 2015 hat sie völlig verständnislos gefragt, warum es denn nicht möglich ist Geflüchteten Couscous oder ähnliches zu kochen. „Sowas essen die doch, oder?“ Ach Oma – ich hoffe dir geht’s heute besser und du bist geliebt und geborgen und gehalten!

TCM Ernährungsberatung und Akupunktur bei Coming Hooomm in 1020 Wien-Leopoldstadt

Über die Verantwortlichkeit als Mensch in einer Solidargemeinschaft – Unternehmerin und Yoga?

Ich bin seit meinem 14. Lebensjahr Mitglied der Sozialdemokatischen Partei Österreichs. Jene Partei, die mit einem schwerfälligen Partei-Apparat besticht. Hinter dem oft alte, dicke Männer stehen, die uns häufig als unangenehm aufstoßen. Die SPÖ sieht man nicht als alternative, hippe Partei wie „die Grünen“, es ist keine innovative Bewegung mit Einzelkämpferinnen ohne politisches Programm wie die „Liste Peter Pilz“ und definitiv kein dynamischer liberaler Geist wie die NEOS. Seit Michael Häupl nicht mehr Wiener Bürgermeister ist, fällt es schwer junge, „linke“, liberale und hippe Menschen davon zu überzeugen, sozialdemokratisch zu wählen.

Doch eben genau diese alten, dicken Männer mit Gewerkschaftshintergrund setzen sich für eine gerechte Welt ein. Eine Welt, die nicht schnelllebig und aufregend erscheint. Sie sorgen dafür, dass Arbeitnehmerinnen-Rechte eingehalten und verbessert – zur Zeit eher nicht verschlechtert – werden. Sie treten für Menschen ein, die meine Blase nicht so sehr interessiert. Mein Umfeld ist zumeist im Mittelstand angesiedelt, mit Hochschulabschluss und einem Beruf, der uns Großteils zufrieden stellt. Zwölf Stunden hin und wieder zu arbeiten, empfinden die meisten von uns als völlig in Ordnung, da es bei unserer Lebenssituation ja tatsächlich oft eine Wahlfreiheit darstellt (sofern eine kapitalistische Welt eben Freiheit erlaubt).

Nun bin ich aber weder Angestellte noch Arbeiterin, sondern Unternehmerin! Zu Beginn habe ich mich dazu entschieden, meine Stunden in meinem Yogastudio selbst zu unterrichten. Mit der Zeit habe ich jedoch erkannt, dass es menschlich wie unternehmerisch besser ist unterschiedliche Yoga-Lehrer anzubieten. Damit tritt eine andere Verantwortung als Mensch auf. Eine Verantwortung, die ich selbst gewählt habe! So ist es in der Yoga-Szene üblich seine Trainerinnen nur dann zu bezahlen, wenn tatsächlich Teilnehmer in den Kursen sind. Anstelle eines fixen Stundensatzes werden Teilnehmerbezogene Honorare ausgezahlt. Urlaubs- und Krankenstandsgeld gibt es keines. Das ist jedoch seit etwa drei Jahren nicht mehr gesetzeskonform. Oben genannte Mitarbeiter der Gewerkschaft haben sich dazu Gedanken gemacht und das als „Schein-Selbstständigkeit“  bezeichnet. Mit gutem Recht. Nachdem ich vorgebe wann diese Stunden abzuhalten sind, handelt es sich dabei um ein Angestelltenverhältnis. Es ist nicht die Aufgabe der Lehrerin die Stunden zu bewerben. Es ist die Aufgabe der Person, die sich dazu entschieden hat ein Unternehmen zu gründen. Damit trägt man nicht nur die Früchte seiner Arbeit, sondern hat eben hin und wieder in den sauren Apfel zu beißen! Ich besteche als „Chefin“ sicher nicht durch eine außergewöhnlich guten Bezahlung, aber ich trage die Verantwortung. Ob kein, ein oder fünfzehn Menschen in meinen Kursen sind, es ist bleibt eine Stunde Arbeit. Ich kann mir gerade nicht mehr als einen Angestellten leisten und alle anderen Stunden besetze ich je nach Lust und Laune der anderen Trainerinnen, die das selbst entscheiden (weil sie nicht mit einer fixen Stundenanzahl im Monat rechnen und davon leben müssen). Ich versuche auf alle Bedürfnisse meiner Yoga-Lehrerinnen einzugehen. Mit dem Resultat, dass beinahe immerzu Bereitschaft herrscht meine Stunden spontan zu übernehmen, wenn ich mit einem Migräneanfall nicht kann. Das nennt man eine Solidargemeinschaft.

Eine Gemeinschaft in der alle ihre Pflichten leisten um für jene zu sorgen, die mal schwächer oder auf Hilfe angewiesen sind. Eine Gesellschaft in der wir Versicherungsbeiträge leisten – nicht um sie irgendwann ausbezahlt zu bekommen – sondern für den etwaigen Bedarf unserer Mitmenschen. Eine Gesellschaft die Verantwortung füreinander übernimmt und in Liebe und Fürsorge aufeinander schaut wird am Ende die Gewinnerin sein!

Yoga und Indien? Yoga und Verletzungen? Yoga und der Weg zu dir?

Als ich vor 10 Jahren begonnen habe Yoga zu üben versprach die Praxis eine mystische Reise zu mir zu werden. Fasziniert von Sanskrit, Mantra-Gesängen, akrobatischen Verrenkungen, weiten Hosen und viel Ruhe zog es mich Woche für Woche auf die Matte. Ich hatte das Glück meine Diplomprüfung an der Universität Wien über Yoga-Philosophie zu absolvieren und tauchte noch tiefer ein. Ein in eine Welt, in der es um mehr ging als um Handstände und fancy Yogapants.

Doch dann wandelte sich die Yoga-Welt und plötzlich übte ich nur noch Handstände und andere hippe Posen. Ich fotografierte diese, machte Videos und kaufte schönes Yogagewand. Statt mehr Ruhe, zog der Gedanke nach mehr Wettbewerb ein. Jeden Tag fand ich mich auf meiner Matte wieder und übte wie besessen. Ganz verloren war der Zauber der einstigen Praxis. Es gab kein Innehalten, keine Atemübungen und kaum Genuss.

Dennoch hatte ich das Glück in einer Zeit begonnen zu haben, in der die Praxis in Wien keine kommerzielle war. Meine erste Yogalehrerin erlaubte mir 3 Jahre lang nur abgewandelte, vereinfachte Versionen und die Studios waren klein und es ging nicht um Leistung. Ich konnte eine gesunde Praxis erlernen, basierend auf Spiraldynamik, Anusara- und Iyengarelementen. Obwohl ich heute bis zu 17 Stunden pro Woche unterrichte und zumeist mitmache, habe ich keinerlei körperliche Beschwerden. Mein Körper fühlt sich stark, dynamisch und gesund an.

Doch 10 Jahre später boomt der Yogamarkt – an jeder Ecke ein neues Studio. Jede Woche bekomme ich Bewerbungen wie „ich praktiziere seit 2 Jahren und habe nun in Indien meine 4-wöchige Ausbildung absolviert“. Das soll nicht heißen, dass jene Menschen nicht großartig unterrichten können, jedoch bin ich überzeugt davon dass eine sichere Praxis mehr braucht.

Und dann werde ich traurig: es kommen Kunden in mein Studio, die laut eigenen Angaben schon lange praktizieren. Sie hängen im Bananenrücken im Stütz, blockieren ihre Ellbogen, überbelasten Handgelenk und Knie. Zumeist sind sie dankbar, wenn ich tausendmal innehalte und erkläre und darauf bestehe eine andere Option der Praxis zu wählen. Oft herrscht Unverständnis. Ich bin traurig, dass Yogastudios ihre Klassen überfüllen um dort Neoliberalismus zu betreiben. Traurig, dass der Leistungsgedanke nun auch in den Yogaklassen herrscht – ohne Rücksicht auf Individualität. Traurig, dass so viele Menschen, die ich kenne an den körperlichen Folgen einer ungesunden Praxis leiden.

Doch vielleicht ist das genau was es braucht: denn nach meiner besessenen Praxis, habe ich zurückgefunden und übe keine hippen Posen mehr. Ich praktiziere kaum und wenn dann mit aller Ruhe und wissend was meine Seele und mein Körper brauchen. Meine Stunden sind langsam und dennoch intensiv. Ich peitsche kein Programm wider besseren Wissens durch, sondern achte und respektiere die Bedürfnisse im Raum. Ich bin voller Hoffnung, dass der Boom seinen Höhenpunkt erreicht hat, um einen neuen Weg der Achtsamkeit, Liebe und Heilung zu öffnen!

#metoo

Warum Nina Proll arm ist und Männer durchaus lernen müssen sich zu benehmen! #metoo !

Ganz gleich wie man zu Feminismus steht, ob Simone de Beauvoir und Alice Schwarzer die gewählte Literatur ist, um das Thema „metoo“ kommen wir zurzeit alle nicht herum. Meine Facebook Startseite überschlägt sich mit geteilten Beiträgen, meist geschrieben von großartigen, starken Frauen. Kommentiert werden diese zu Hauf von Männern die partout nicht einsehen wollen, was für ein Drama hier gezeichnet wird und von Frauen, die sich mit jenen Männern solidarisieren. Dazu gibt Schauspielerin Nina Proll regelmäßige Zeitungs- und Fernsehinterviews, die mir selbst das Kopf schütteln nicht mehr erlauben und wird auf diversen Socialmedia Foren dafür gefeiert. Doch worum geht es denn in der Debatte eigentlich?

Ok, wir sind uns alle einig – Frauen vergewaltigt man nicht. Aber betrunken können Grenzen schon mal verschwinden und da soll frau nicht so kleinlich sein. Aber zumindest das gesteht man Frauen zu: ungewollter Penis in Vagina ist gesellschaftlich nicht geduldet und strafrechtlich geregelt. Fein! Wie schaut es denn mit Hand am Po und Schenkel aus? Bis 2015 war das noch in Ordnung, seit zwei Jahren sind wir in unserem Rechtsstaat nun soweit, dass das zumindest strafrechtlich nicht als ungezogenes Verhalten gehandhabt wird (Heinisch-Hosek sei Dank, auf die Frauenminister der FPÖ dürfen wir gespannt sein). Nun ist dieser „Grapsch-Paragraph“ leider nicht in den Köpfen der Vielzahl der österreichischen Bevölkerung angekommen und nach wie vor, ist es offenbar in Ordnung Frauen ohne ihre Zustimmung anzugreifen. Vielleicht nicht in Ordnung, aber es gibt doch wahrlich größere Probleme!

Wo fängt sexuelle Belästigung und Diskriminierung an? Nina Proll pflegt so schön zu sagen, das entscheidet jede Frau für sich selbst. Ich wage nun zu behaupten, dass das eigentliche Problem woanders liegt. Es geht hier nicht um unerwünschte Zurufe auf der Straße wie „geile Fut“ oder die Hand am Hintern im Club. Die Gleichstellung von Frau und Mann ist noch lange nicht dort wo sie sein sollte, könnte und müsste. Mitarbeiterinnen erfahren nicht denselben Respekt wie ihre Kollegen. Schatzi genannt zu werden ist diskreditierend, außer wir sind gute Freunde und unser amikales Verhältnis wiederspiegelt diese Liebe und bedarf eines Kosewortes. Frauen werden über ihr Aussehen definiert und dieses bildet ihren Wert in der Gesellschaft. Aus diesem grundsätzlichen Ungleichgewicht in der Welt resultieren diskreditierendes Verhalten, verbale und physische sexuelle Übergriffe und auch wenn der mediale Tenor laut schreit: „das ist nicht das Gleiche!“ – ich finde schon! Das eine resultiert aus dem anderen.

Dann kommt da so eine schöne, erfolgreiche Frau und setzt sich hin und sagt „lern halt Nein zu sagen und wenn du berufliche Nachteile davonträgst, hmmm naja du musst ja nicht Schauspielerin werden.“ Alles klar! Gefolgt von Aussagen wie „ich empfinde es als Kompliment, wenn Männer mit mir schlafen wollen“. Ich denke genau da sind wir nun am Grund der Problematik angekommen! Nein, wir Menschen bestimmen unseren Wert nicht, weil andere uns schön, geil, begehrenswert finden! Dich darauf reduzieren zu lassen, ob andere gerne Beischlaf mit dir ausüben möchten, ist traurig. Das sage ich jetzt gar nicht von oben herab. Sondern als Frau, die das ganz lange selbst so gesehen hat und manchmal ertappe ich mich dabei es immer noch so zu sehen! Dann gilt es zu reflektieren und innezuhalten und all die Qualitäten zu sehen, die mich zu einem wunderbaren, liebevollen, lustigen Menschen machen – ganz abseits meiner Brüste!

Die Aufgabe von emanzipierten Frauen ist es, vor allem wenn sie in der Öffentlichkeit stehen, sich ganz klar gegen die Reduzierung auf ein Objekt der Begierde zu positionieren. Auch wenn es tief drinnen anders ausschaut, weil das kleine Mädchen so gerne von Papa geliebt werden möchte. Es ist wichtig sich mit allen anderen Frauen und Männern zu solidarisieren, die diese Werte-Distinktion zwischen den Geschlechtern nicht länger dulden. Und sich nicht auf die Seite der Männer zu stellen, die sich arm bedauern, dass so ja nun kein Koitus mehr zustande kommen kann! Die dabei erhoffte Liebe bleibt aus, da wartet kein Respekt – lediglich ein aufrecht erhalten von Geschlechterdichotomie. Jene Frauen die es schaffen klar Nein zu sagen, werden es so lange laut sagen bis es auch die können, denen die Stimme noch fehlt und die patriarchale Machtstruktur es nicht erlaubt! Solange bis wir in einer Gesellschaft leben wo keiner mehr Nein sagen muss.

Dabei muss sich niemand fürchten – wir werden trotzdem noch Frauen und Männern sein und miteinander schlafen und dabei Spaß haben. Nur auf Augenhöhe!

In diesem Sinne #metoo

Die verkannten Heldinnen - Alleinerziehende Mamas

Die verkannten Heldinnen der Nation

Ich wurde vorwiegend großgezogen von meiner Mama. Das soll die Rolle meines Vaters auf gar keinen Fall schmälern, doch nach der Scheidung war meine Hauptbezugsperson meine Mama. Viele meiner Jugendfreundinnen sind auch Scheidungskinder und wir verbrachten unzählige Abende uns darüber zu beschweren, wie anstrengend unsere Mütter sind. Viel zu nah, viel zu viel und viel zu große Verantwortung für uns. Einige Jahre später bin ich Freundin von alleinerziehenden Mamas und ich sehe ihren Kampf und ihre Verantwortung und ihre unendliche Liebe. Doch vor kurzem hatte ich das wohl ein prägendste Erlebnis, als meine Kundin – eine schöne, kluge, liebevolle Frau – schluchzend in meinen Armen lag. Weinend weil ihre Jüngste ausgezogen ist. Traurig, weil nun wenig bleibt. Die Karriere stellt man hinten an und arbeitet nur halbtags, um die Nachmittage mit den Kindern zu verbringen. Partnerschaften sind schwieriger, weil es einen wirklich tollen Mann braucht, um ein fremdes Kind gemeinsam zu lieben. Und das soziale Gefüge ist ein anderes als Paar mit Paarfreundschaften. So bleibt den Heldinnen mit 50 nichts Anderes übrig, als sich mit der Trauer auseinanderzusetzen. Ihren Kindern den Raum zu geben von dem sie wissen, dass er notwendig ist – auch wenn es unendlich schmerzt. Doch dann entsteht viel Wunderbares – diese starken Frauen finden sich wieder. Wieder in einer anderen Rolle! Danke an all ihr wunderbaren Mamas.

Migräne, Yoga 1020 Wien

Migräne und wie man sterben will

Bier, Marihuana, Tigerbalsam, Schlaftabletten, Schmerzmittel in abartiger Überdosierung, Kühlkissen, Duschen bei Temperaturen nahe der Verbrennung, Nasensprays und das Bedürfnis den eigenen Kopf immer und immer wieder gegen eine Wand zu schlagen. Das klingt ein wenig nach einer labilen, psychischen Veranlagung mit der Tendenz zu einem Übergebrauch an Rauschmittel. So geht es mir und vielen, vielen anderen Menschen, die an Migräne leiden. Nichts bleibt unversucht und dennoch bleibt das Gefühl nicht genug gemacht zu haben.

Mittlerweile weiß man, dass es sich bei Migräne um eine genetische Prädisposition handelt, die von unzähligen Triggern ausgelöst werden kann. Man geht von einer Hyperaktivität der Nervenzellen, einer Hochschaubahn des Seratononhaushaltes, einer entzündeten Hirnhaut, sowie einer Erweiterung der Gefäße aus. Doch so richtig sicher ist man sich nicht ganz, weder in der Kausalität noch bei möglichen Therapieformen. Nach wie vor herrscht jedoch, nicht nur in der normalen Bevölkerung, sondern auch bei vielen MedizinerInnen, das Bild der hysterischen Frau. Die meisten chronischen Erkrankten erfahren Akzeptanz in ihrem Schmerz. Das ändert natürlich nichts an dem Leid, das sie erfahren. Doch es macht einen riesigen Unterschied. Jahrelang habe ich versucht die Migräne zu verstecken, runterzuspielen, lapidar abzutun, um das Unverständnis wie auch die vielen gut gemeinten Ratschläge zu vermeiden. Bisschen Kopfschmerzen? „Leg dich doch einfach hin und schlaf, dann ist morgen alles wieder gut.“ Nein, leider! Bei einem Anfall beginnt ein pulsierender, stechender Schmerz halbseitig deinen Kopf zu terrorisieren. Begleitet wird dieses unablässige Stechen mit Schmerzen im Auge, einer extremen Licht-, Geruchs- und Lärmempfindlichkeit sowie eine Übelkeit, die an Seekrankheit erinnert. Unbehandelte Schmerzattacken dauern bei mir zwischen 4 und 11 Tagen. Das sind Tage, die mir niemals jemand wieder zurückgeben kann. Sie sind gestohlen und versauen mir mein Leben auf eine kaum beschreibbare Weise. Meine Freundin, die an einer ähnlich starken chronischen Migräne leidet beschreibt es treffend als einen Ausflug in die Hölle. Chronische Migräne was bedeutet das? Das sind Menschen, die an mehr als 15 Tagen in Monat Schmerzen haben. 15 Tage sind gute Monate bei mir!

Warum schreibe ich diesen Blogeintrag? Ich zähle bestimmt nicht zu den sich selbstbedauernden Menschen, die das Mitleid der Welt suchen. Ich möchte dennoch darauf aufmerksam machen, wie es sich mit einer Krankheit lebt, die Schwierigkeiten hat als solche gesehen zu werden. So wie die meisten Betroffenen habe ich alles versucht. Es gibt kein Schmerzmittel, dessen Wirkung ich nicht kenne, keine AlternativmedizinerInnen in Wien, denen ich ein mittleres Jahreseinkommen geschenkt habe und keine herkömmlichen ÄrztInnen, die mich nicht weinend in ihren Wartezimmern sitzen hatten. Ich habe Betablocker genommen, keinen Alkohol und Zucker konsumiert, gekneipt, einen Tagesrhythmus wie im Gefängnis eingehalten, mir jede Freiheit erlaubt, Sport bis zur Ekstase betrieben, meditiert, Hitze vermieden und gehofft, dass der weibliche Zyklus keine hormonelle Veränderung mit sich bringt.  Was bleibt ist die bittere Erkenntnis, das nichts hilft.

Doch langsam nach 20 Jahren der heimtückischen Attacken finde ich mich ab. Mit Botox im Kopf und Triptanen (Gott schütze die Pharmaindustrie) in der Tasche, schaffe ich die meisten meiner Anfälle binnen einiger Stunden abzufangen. Wenn es mir mal nicht gelingt, bin ich den Angestellten der Neurologie im AKH unendlich, für ihre liebevolle Bereitschaft zu helfen, dankbar und freue mich einen Arzt gefunden zu haben, der sagt „ja klar sollst du nicht mehr als 3 Relpax in 24 Stunden nehmen, aber dann nimmst du halt mehr“. Der Migräneguru des Landes: ein Neurologe der offen zugibt zu hoffen. Auf die Forschung und per Zufall das eine Medikament zu finden, das der einen Patienten eben hilft. Dankbar eine Mama zu haben, die in die Nachtapotheke fährt und Rücksicht nimmt. Dankbar für Freundinnen die, sobald ich sage Kopfschmerzen zu haben, Verabredungen für mich absagen, um mir die Verlegenheit zu ersparen. Dankbar für die Yogamädls, die meine Stunden halten wenn mich die Toilette ruft. Dankbar einen Freund zu haben, der stundenlang still neben mir liegt und meinen Kopf streichelt und Kühlkissen auswechselt. Dankbar meinen Körper besser zu kennen, als die allermeisten Menschen und gelernt zu haben, unfassbar selektiv zu erinnern. Sodass nur die schönen Momente in meinem kleinen, klugen, verrückten Köpfchen gespeichert zurückbleiben!

Yoga 1020 Wien

Vom herabschauenden Hund – Posture Clinic zu einer lebenslangen, freudvollen Praxis

Ganz gleich ob Hatha Yoga, Ashtanga Yoga, Sivanada, Bikram oder Vinyasa Flow Yoga um den „herabschauenden und heraufschauenden Hund“ kommen wir Yoginis und Yogis nicht herum. Jede Yogarichtung hat natürlich einen anderen Zugang zu einer korrekten Ausführung. Der folgende Artikel stellt daher gar nicht erst den Anspruch 🙂

Da die Ausrichtung deiner Gelenke und Knochen, sowie Aktivierung aller benötigten Muskeln, aber die Voraussetzung einer lebenslangen, freudvollen Praxis ist, freuen wir uns die Hunde des Coming Hooomm Studios näher zu erklären.

In Adho Mukha Svanasana ist eine gute Basis Grundvoraussetzung um Schmerzen zu vermeiden. Du platzierst deine Hände schulterbreit und richtest deine Handgelenke parallel zum vorderen Mattenrand aus. Deine Finger sind gespreizt und du drückst deine Fingerkuppen so fest in die Matte bis sie weiß werden. Der Handteller kann sich dadurch beinahe lösen – manche Yogastile betonen Zeigefinger und Daumen, wir halten eine gleichmäßige Verteilung auf alle 5 Finger jedoch für sicherer. Deine Arme sind gestreckt und du behältst dir eine Mikrobeuge im Ellenbogen und drehst deine Oberarme leicht nach außen um mehr Platz im Schulterbereich zu erhalten. Deinen Kopf richtest du in der gleichen Höhe wie deine Arme aus, so kann dein oberer Rücken kraftvoll mit stützen. Die Gelenkigen unter uns müssen besondere Aufmerksamkeit auf ihre Gelenke sowie die Stabilität im Bauch richten. Der Beckenboden ist aktiv und deine Rippen sanft zusammengezogen. Im unteren Rücken kannst du dir das Gefühl eines leichten Hohlkreuzes holen und deine Sitzknochen schiebst du auseinander und nach oben. Deine Beine sind soweit angewinkelt, dass dein Rücken gerade ausgerichtet bleiben kann. Die Oberschenkel drücken nach hinten und die Fersen sind leicht nach außen gedreht. Sollten sie den Boden berühren, kannst du deine großen Zehen von der Matte abheben.

So sollte vielen schönen Atemzügen im herabschauenden Hund nichts mehr im Weg stehen und deine Praxis wird dich deinen Alltag stabiler, leichter und hoffentlich gelassener erleben lassen! Wir freuen uns auf dich  <3

Yogakonferenz Wels, Yoga 1020 Wien Sandra Grosskopf

Star Trek & Prince bei der Yogakonferenz und mein strenges Über-Ich

Das gesamte letzte Wochenende verbrachte ich mit gefühlten hunderten anderen Yogalehrerinnen und hundert Yogalehrern bei der Yogakonferenz in Wels. Was bitte soll eine Yogakonferenz sein? Ha, ja das habe ich mich auch gefragt. Bereits letztes Jahr im Übrigen. Da finden sich dann Yogainteressierte ein, um mit den Popstars der Yogaszene zu üben. Es treffen der Thai-Massage-Guru, die Eso-Tante und Mr. Handstandweltmeister zusammen, um den ehrfürchtigen Buben und Mädchen im Raum zu erklären, wie man durch Yogaposen Gott wird. Die Absurditäten dieses Events sind schier unfassbar. So liest uns DIE Yogalehrerin ihre „Spiritual Fly –Yoga Sutren“ vor. Für alle die es nicht wissen: Patanjalis Yogasutras bilden die Grundlage der Yogaphilosophie und ich habe meine Diplomprüfung auf der Universität Wien darüber absolviert. Recht verstörend, wenn Frau Ooomm-Shanti die ihren rezitiert und sie Inhalte wie „do not build walls“ transportieren. Mr. Handstandweltmeister – hoch gefeierter Yogalehrer – erzählt uns von seinen Jugendidolen. Laut ihm kann uns Star Treks Yoda mehr über die Erleuchtung sagen, als die Inhalte der Bhagavad Gita es könnten. Er lässt uns zu Prince „Sexy Mother Fucker“ laut mitsingen und insistiert darauf wie wichtig es sei, sich sexy zu fühlen. Denn wie wir alle wissen, ist Sexyness gleich Happiness und darauf kommt es im Leben schließlich an. Als einer der wenigen Lehrer der Konferenz – der den Eindruck vermittelt sich schon länger als gestern mit Anatomie, Philosophie und dem menschlichen Sein zu beschäftigen – uns bittet in „Uttanasana“ zu gehen, herrscht Verwirrung im Raum. Sanskrit? Völlig überbewertet!

Letztes Jahr hat mich das Spektakel unfassbar wütend gemacht. Ich bin dennoch wieder gefahren. Dieses Jahr hat es mich belustigt: laut habe ich „you sexy mother fucker“ gesungen, neue verrückte Breakdance Moves gelernt – die wir jetzt einfach mal Yogapositionen nennen, beobachtet wie die Lehrer angreifen, durch eine Klasse leiten und durchaus Neues gelernt. Zu einem erleuchteten, besseren Menschen hat mich mein Handstand allerdings noch nicht gemacht.

Aber dann: beim Mittagessen unterhielten wir uns mit einer Dame aus Linz. Sie erzählt vom Burn Out ihrer Yogalehrerin. Streng wie ich bin, werfe ich in den Raum, dass ich zu niemanden ins Yoga gehen würde, der ein Burn Out hat. Weil echt jetzt, solltest du deine Grenzen nicht kennen und vorher dein Leben verändern? Der Blick von Kathi sagt eigentlich alles und ich denke nach. Darüber wie hart ich bin. Zu meinen Freundinnen, meinem Freund, meiner Familie, der Frau in der U-Bahn, der Ooomm-Shanti-Lehrerin, dem Mr. Handstandweltmeister und zu mir selbst. Die Welt wird schließlich kein schlechterer Ort weil sich die Yogaszene verwestlicht und kommerzialisiert. Sie wird zugänglicher für Suchende und bietet Heimat. Die Welt wird allerdings kein besserer Ort durch hartes Be- und Verurteilen von Menschen wie mir. Ich gelobe Besserung! Om Shanti!

Sexualität

Nach der sexbesessenen Moderne …

Nicht selten habe ich in den vergangenen Jahren Gespräche –  mit vorwiegend Männern – darüber geführt, dass sie gerne zu zweit mit einer Frau Sex haben. Nur damit wir uns hier richtig verstehen, nicht die altmodisch, romantische Vorstellung von zwei Frauen sinnlich verwöhnt zu werden. Nein – brachiale, testosterongesteuerte Manneskraft, die sich zu zweit einer Frau ermächtigt. Und ich schreibe bewusst ermächtigt, denn dabei geht es um Macht und Besitzen. Haben sich tatsächlich unsere intrinsischen Bedürfnisse derart gewandelt, dass Analverkehr, Gesichtsejakulationen und Gewalt eine gängige Praktik unserer Sexualität geworden ist? Ich denke, und da nehme ich mich selbst nicht aus, dass eine Generation, die mittels Pornografie ihre ersten sexuellen Kontakte gemacht hat und davon weitgehend geprägt wurde, kaum eine andere Wahl hat, als jeden Reiz mit einem weiteren zu übertrumpfen.

Wenn man Studien Glauben schenkt, sind die wenigsten Paare mit ihrer Sexualität zufrieden. Weder Qualität noch Quantität scheinen die Bedürfnisse der Menschen abzudecken. Woran liegt das? Ist der Overflow an Bildern, Erwartungen und Erlebnissen verantwortlich dafür, dass wir einander an der natürlichsten Form des Miteinander keine Freude mehr bereiten können. Eroberungslisten von Männern weit über die Zahl 100, Frauen die One-Night-Stands haben um Nähe zu erfahren – da kann tatsächlich keine erfüllende Intimität entstehen.

Was bedeutet das nun? Die einzige Möglichkeit, die ich sehe um zu einer natürlichen, freudvollen Form der Sexualität zu gelangen, ist sich zurückzunehmen. Alles Gesehene, Gelernte, Gefühlte zur Seite zu schieben, um sich wieder spüren zu lernen. Die Freude an der Weichheit der Haut des anderen entdecken, die Erregung an der Atmung festmachen und genießen, die blonden Haare am Bauch liebevoll wahrnehmen, die Lust des Gegenübers zu seiner eigenen machen. Das Masturbieren mit einem zufällig gewählten anderen zu einem Liebemachen mit einem Gegenüber werden zu lassen.

Inspiriert wurde ich im Übrigen von dem wunderbaren Artikel in der Zeit:

http://www.zeit.de/2016/45/sexualitaet-beziehungen-stress-erotik-therapie

Praktizieren Sie Yoga im Studio Coming Hooomm in 1020 Wien-Leopoldstadt

In welcher Welt willst du leben? Über das Risiko seine Werte zu verlieren.

Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte ich ein Gespräch mit dem Besitzer eines Yogastudios. Mit Yogaunterricht solle man seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten. Sobald es Business wird, verlierst du den Anspruch an dich selbst moralisch richtig zu handeln – so meint er. Ich sehe das nicht ganz so. Viel zu oft habe ich Jobs ausgeübt, die mich nicht erfüllt haben. Mit der Folge, dass sich meine Werte verschoben haben: meine Wertschätzung den MitarbeiterInnen gegenüber, mein Anspruch das Beste zu geben, das Tricksen bei Stundenaufzeichnungen. Seit ich mein eigenes Yogastudio habe, kämpfe ich keine Sekunde damit wie ich mich gegenüber meinen KundInnen und Mitunterrichtenden verhalte, weil ich das was ich mache liebe. Und dennoch: in einer Welt in der Yogastudios Richtlinien wie „du darfst keine persönlichen Gespräche mit den Praktizierenden führen” an ihre YogalehrerInnen erteilen, ist es schwer als Miniunternehmen wirtschaftlich zu bestehen.

Ich kenne jeden Namen der Yogis und Yoginis in meinem Studio. Zumeist weiß ich was sie arbeiten, in welchem Beziehungsstatus sie sich befinden, ob sie glücklich oder traurig sind, was sie träumen und was sie davon abhält diese Träume zu leben. Ich erteile Rabatte, wenn es jemanden finanziell schlechter geht und ich verrechne keine Stunden, auch wenn man sich nicht zeitgerecht abgemeldet hat. Ich zahle immer den gleichen Stundensatz an die Lehrer und Lehrerinnen, ganz gleich ob jemand erscheint oder nicht. All das macht es umso schwerer am Ende des Monats positiv abzuschließen. Dennoch: Meine SchülerInnen lassen sich nach der Stunde von mir im Arm halten und weinen, weil sie sich sicher fühlen. Sie melden sich ab bevor sie auf Urlaub fahren und jede Woche bekomme ich ein liebevolles Geschenk. Immer wieder konfrontieren mich Menschen mit Ideen wie ich erfolgreicher als Unternehmerin bestehen könnte. Und noch öfters verspreche ich mir selbst diese Ideen nicht umzusetzen.

Die Welt hat genug Starbucks –  let’s share some love <3