Internationaler Kampftag 8. März

Während vor vielen Jahren der 8. März noch keinerlei öffentliche Aufmerksamkeit bekommen hat, wandelte sich das vor etwa 10 Jahren. Plötzlich wurden Frauen mit Rosen beschenkt und „Happy International Women’s Day“ gerufen. Doch der 8. März ist kein zweiter Valentinstag, an dem man Frauen mit ein paar Blumen versucht zuzureden, dass die Ungleichheit und Missstände dieser Welt, die Frauen zu Menschen zweiter Klasse degradieren, nicht existieren.

Mittlerweile ist der internationale Kampftag mehr dort wo er sein sollte. Die Stimmen, die aufzeigen, dass ungleiche Bezahlung, Angst vor Gewalt und Tod, unbezahlte Mehrarbeit für Kinder, Alte und alle restliche Menschen & Tiere, die es brauchen, nicht länger erduldet werden darf.

Während andere europäische Länder Gesetze verabschieden, die „Cat calling“ unter Strafe stellen, hat unsere Bundesregierung und Teile der Opposition keine andere Mission als dem „Binnen-I“ und jeder anderen Form von gerechter und neutraler Sprache den Kampf anzusagen. Ende Februar wurden an zwei Tagen 6 Frauen von Männern getötet und wir haben eine Frauenministerin, die schweigt.

Die Spuren des Patriarchats sitzen tief verankert in uns allen. Sexismus, Frauenverachtung und das Kleinmachen von Bedürfnissen und Unterschiedlichkeit, gestalten unsere Welt. Frauen kaufen in Supermärkten ein, deren Regale für Männer konzipiert sind, fahren Autos, deren Sicherheit an Männern ausgerichtet ist, nehmen Medikamente, die an Männern getestet wurden.

Frauen sind im Laufe ihres Zyklus den unterschiedlichsten Zuständen ausgeliefert. PMS kann sich in depressiven Verstimmungen, Weinerlichkeit, Aggression, Angstzuständen, Schmerzen, Nachtschweiss, Mehrgewicht und unzähligen weiteren Faktoren äußern. Doch anstelle Frauen zu huldigen, dass sie das Monat für Monat meistern, werden sie an diesen „speziellen Tagen“ gemieden, belächelt und zickig genannt. Frauen tragen 40 Wochen ein Baby in sich, teilen ihren Körper, ihr Blut, ihre Luft und alle Mikronährstoffe. Viele von ihnen ernähren monatelang danach ihre Kinder weiterhin mit ihrem Körper. Anstelle von Bewunderung und Verehrung wartet Teilzeit, schlechte Bezahlung, unbezahlte Care Arbeit und die kleinere Pension auf sie. Frauen kommen ins Klimakterium und all die beschwerlichen Zustände rund um die Monatsblutung werden nun jahrelanger Alltag. Von da an sind Frauen alt und verschwinden in die Bedeutungslosigkeit dieser Gesellschaft.

Im Laufe dieses Lebens haben die meisten Frauen gelernt mit den Strukturen des Patriarchats umzugehen. Sie lächeln freundlich und schieben die Hand vom Po. Sie hören nicht hin, wenn ihr Gewicht oder ihre Brüste öffentlich besprochen und bewertet werden. Sie gehen schneller am dunklen Heimweg und halten dabei den Schlüssel in der Hand. Sie beißen im Wochenbett die Zähne zusammen, wenn sie müde von der Nacht und mit Schmerzen im Beckenboden die großen Kinder versorgen. Sie nicken wenn sei lesen, dass jede 3. Frau im Laufe ihres Lebens Opfer sexueller Gewalt war und verhalten sich dennoch lieber still. Denn wer laut wird und aufzeigt, den bestraft die Gesellschaft.

Jahr für Jahr werden die Stimmen jener Frauen, die diese Ungerechtigkeit und Menschenverachtung nicht länger dulden, lauter. Ich bewundere jede einzelne von ihnen. Dieser Weg ist anstrengend, kräftezehrend und undankbar. So lasst uns alle an diesem 8. März die Blumen in den Mistkübel stopfen und uns nicht länger blenden!

Eure Armut kotzt mich an!

„..und wir die fleißig arbeiten..“ ruft einer der begeisterten Zuhörer von Kanzlers intimer Runde. Bei feinem Wein und Snacks darf man in angeheiterter Stimmung Karl Nehammers Vorstellung von dem Alltag des Pöbels in Österreich lauschen. Die Teilzeitquote erhöhe sich trotz angeblicher Armut nicht. Eltern könnten sich kein warmes Essen leisten. Faul sind sie die Menschen.

Was der Kanzler nicht sagt ist, dass es für viele Mütter schlicht keine andere Option gibt. In vielen Orten Österreichs gibt es einfach keine Möglichkeit zur außerfamiliären Kinderbetreuung. Staatliche Kinderbetreuung ab 7:00 morgens bis 18:00 – ohne Mittagspause – gibt es nur in der Bundeshauptstadt. Was er außerdem nicht sagt ist, dass viele Frauen nicht Vollzeit arbeiten können, da die Betreuung von Kindern unfassbar fordernd und zeitintensiv ist. Seit der Aufgabe des traditionellen Rollenbildes leisten so viele Frauen zusätzlich zu der Lohnarbeit die gesamte Care-Arbeit. Unzählige dieser starken Frauen in diesem Land sind ausgebrannt. Aber das weiß der Kanzler nicht.

Wer kein Geld hat muss einfach mehr arbeiten. Wenn die Vollzeitarbeit nicht ausreicht, um die Familie zu ernähren dann muss man sich eben einen zweiten Job suchen und einen dritten eventuell auch. Da muss man gut aufpassen und auch das hören was der Kanzler – noch – nicht sagt. Das System ist rigid sagt er. Da gibt es die lästige Sozialpartnerschaft, die unsägliche Gewerkschaft. Aber was sagt er da noch? Die hindernden Einwände der Wirtschaftskammer. Er greift also das komplette System an, das uns ein friedliches Miteinander erlaubt. 80% der Beschäftigten haben einen Kollektivvertrag hört man ihn verärgert sagen. Die alle wollen höhere Löhne und geben sich nicht mit so gut durchdachten abgabenfreien Einmalzahlungen zufrieden. Herrgott nochmal, dabei meint er es so gut. Almosen statt Sozialleistungen. 

Bevor er sich auf die gut funktionierenden Institutionen mit Kritik stürzt, lässt er allerdings noch eine Runde Hohn regnen. Kinder sollen keine warme Mahlzeit haben? Aber geh, ein Hamburger und kleine Pommes kosten 3,50 €. Das kann sich wirklich jede Familie leisten. Nein, Karli. Das kann sie nicht! Das ist so jenseits der Realität vieler Menschen in diesem Land. Für sehr viele Menschen sind 3,50 € für ein Essen Luxus. Aber das weiß der Karli nicht. Denn der Karli kommt aus einer Familie der fleißigen Leute. Da gibt es keine Armut. Da putzt man seinen Kindern die Zähne, bringt sie rechtzeitig ins Bett und kocht ein gutes Essen. Am Sonntag gibt es Fleisch. 

Ich komme leider aus einer nicht so fleißigen Familie. Meine Mama hat eine Lehre gemacht und für einen viel zu niedrig ausverhandelten Kollektivvertrag gearbeitet. Dann hat sie zwei Kinder bekommen und ihnen die Zähne geputzt und für sie gekocht. Nach der Scheidung hat sie Teilzeit gearbeitet als Assistentin in einem Kindergarten. „Working Poor Job“ heute wie damals. Karli du kennst keine Kartoffeltage. Ich kenne ganze Wochen. Ich weiß wie es ist, auf Skikurs nicht mitfahren zu wollen, weil die eigene Kleidung nicht die der Peergroup ist. Aber ja, wäre meine Mama fleißiger gewesen, hätte sie eben Vollzeit gearbeitet und uns der Fernseher großgezogen. 

Den Kanzler wundert die ausbleibende Entrüstung der Bevölkerung. Wo sind die Leser*innenbriefe fragt er? Wenn es den Leuten wirklich so schlecht geht, dann würden sie sich ja wohl melden! Lieber Karli, die Menschen sind müde. Eltern, die die Wohnung im Winter nicht heizen und ihren Kindern keine warme Mahlzeit zubereiten können, schreiben keine Briefe an Zeitungen. Sie lesen oft keine Zeitungen. Aber die Wut, ja die Wut ist groß. Deshalb werden Fremdenhass und die FPÖ stärker. 

Meine Wut auf die ÖVP ist immens. Auf Menschen wie dich, denen es einfach gut geht und die nicht um ihr Privileg wissen. Aber auch auf Menschen wie den Genossen Doskozil und Nevrivy. Ihr seid es, die die Menschen in diesem Land brauchen. Durch Querschüsse und Selbstbereicherung macht ihr meine Partei kaputt und dieses Land braucht eine starke Sozialdemokratie mehr als einen Bissen Hamburger. „Kann Babler Kanzler?“ fragen sich derzeit alle großen Printmedien des Landes. Er muss!

„In Russland haben wir nur Melonen gegessen, weißt du?“ Weiß ich nicht Opa, ich bin ein verwöhntes Kind im Frieden geboren.

Bald hättest du Geburtstag Loisl. Du wärst alt, wie alt weiß ich nicht. Aber du hast ja nur jedes vierte Jahr gefeiert und nach tatsächlichen Kalenderjahren wärst du nicht so alt. So besonders warst du. Für mich. Und doch weiß ich so wenig über dich. 

So viel Zeit haben wir zusammen verbracht, du alter Mann. Aber selten haben wir über dich geredet. Politisiert haben wir. „Du wirst schon sehen was du davon hast, wenn alle ein Kopftuch tragen und du die Minderheit bist, bei den ganzen Ausländern.“ Dann haben wir gestritten und uns geeinigt, dass die ÖVP an allem schuld ist und gelacht. Gelacht haben wir viel. Du warst so ein fröhlicher Mensch. 

Immer guter Laune. Das Leben hast du genossen. Du konntest nicht schwimmen, trotzdem bist du jeden Tag in deinen Pool gesprungen und gepaddelt wie ein junger Hund. Ganz selten hast du erzählt. Von dir. Dass du so arm warst als Kind und ihr Schlamm gesammelt habt, den habt ihr zu Kugeln geformt und rot gefärbt. Irgendwer hat das wohl gekauft zu Weihnachten. 

Du warst noch ein Kind, als du im Krieg warst. „Angeschissen haben wir uns vor Angst im Schützengraben.“ Du pausierst immer nach diesem Satz. „Aber wirklich angeschissen, Sandra!“Melonen konntest du keine mehr essen, dein ganzes Leben. „In Russland haben wir nur Melonen gegessen, weißt du?“ Weiß ich nicht Opa, ich bin ein verwöhntes Kind im Frieden geboren. Du hattest „Glück“. Granatsplitter haben dich getroffen und dich hat irgendein Oberleutnant wieder mit nach Wien genommen. Da konntest du dich nun dein ganzes Leben daran erinnern, dass du als Kind Kinder umgebracht hast. Dann hast du versucht zu vergessen und gearbeitet. Immer. Deine Kinder waren enttäuscht, zu wenig warst du da. Keinem Fußballspiel zugeschaut, nur gearbeitet und Haus gebaut und versucht zu vergessen. 

Es scheint das Glück der Rolle des Enkelkindes zuzukommen, zu gewähren. Mit dem Abstand kann man (ich) mit so viel Bewunderung und Liebe zu dir sehen. Ich bewundere wie du gelacht hast, was du aufgebaut hast, wie friedlich du warst, was du geschenkt hast, wie du dein Leben genießen konntest. Auf deiner Terrasse, mit deiner Kronen Zeitung, hast du dein „Römerquelle“ getrunken. „Aber nur nicht zu viel. Mehr Leitungswasser als Mineralwasser.“ Ich habe dich nie gefragt warum. So viel habe ich dich nicht gefragt. 

Wenn du mich in die Wange gekniffen und mir eine leichte „Tetschn“ gegeben hast, nanntest du mit liebevoll „deppertes Mensch“ und ich habe gespürt, dass das dein Ausdruck von Liebe ist. 

Wir waren alle zwei Wochen fein essen und haben gescherzt, diskutiert und Wein getrunken. Einmal im Jahr bist du mit meiner Schwester und mir einkaufen gegangen. Lieber wärst du zum „Tlappa“ gefahren und hättest uns was Schönes geschenkt. Aber weil du du warst, bist du mit uns zum „Peek & Kloppenburg“ und hast uns eine Freude gemacht. 

Das Leben spielt, wie das Leben so spielt und so war dein Ende kein Gutes. Im Streit mit dem Großteil der Familie hast du Abschied genommen. Bei meinem letzten Besuch habe ich aufgeräumt, in deiner kleinen Wohneinheit. „Aber trink das nicht, Sandra. Das ist kein Apfelsaft!“ hast du beschämt gesagt. Ich habe deinen Kopf gestreichelt und das Glas ausgeleert, das du neben dir hattest. Als du diese Erde verlassen hast, war ich in Thailand und meine wichtigste und bedeutendste Yogalehrerin hat mir gesagt, dass du nicht länger mit uns bist. Ich war nicht bei deiner Beerdigung und gehe nie an dein Grab Opa. Aber es vergeht keine Woche, in der ich nicht an dich denke. 

Wochenbettdepression

Und da war sie, die Wochenbettdepression

„Hormone können schon Arschlöcher sein“ sagt meine Schwester, als ich ihr von meiner Depression im Wochenbett erzähle. Recht hat sie. So großartig Hormonausschüttungen sein können, ebenso können sie unser Leben immens negativ beeinflussen. 

Eine postnatale Depression unterscheidet sich vom Babyblues, der einige Tage nach der Geburt auftritt und in den meisten Fällen auch nach ebenso wenigen wieder aufhört. Der Babyblues wird auch als „Heultage“ bezeichnet und nicht umsonst sagen Hebammen gerne „wenn die Tränen fließen, dann fließt die Milch.“ Mit diesem Phänomen sind etwa 70 % der Frauen nach der Geburt vertraut. So setzt der Babyblues rund um den Milcheinschuss ein und Frauen können sich erschöpft, müde, traurig, weinerlich und aggressiv fühlen. Die Wochenbettdepression kann etwa 6 Wochen nach der Geburt, manchmal aber auch erst nach dem ersten Geburtstag des Kindes, eintreten. Gekennzeichnet ist sie durch Merkmale einer herkömmlichen Depression. So kann Frau sich müde, ausgelaugt, antriebslos, traurig, ängstlich, panisch und schuldig fühlen. Die Dauer variiert von einigen Tagen, über Wochen bis hin zu Monaten. Ausgelöst werden beide Depressionen durch den akuten Abfall von Östrogen rund um die Geburt. Östrogen wirkt stark stabilisierend und erhöht die Konzentration von Serotonin, welches wiederum für unser Seelenwohl verantwortlich ist. Daher können Frauen diese Emotionen auch während der Menstruation und der Wechseljahre verspüren. 

Bei einer starken Depression nach einer Geburt, kann man wie bei jeder Erkrankung dieser Art, mit Antidepressiva behandeln. Oftmals reicht jedoch schon ein Erkennen aus, um mehr Wohlbefinden zu erlangen. Die Wochenbettdepression ist bei uns stark tabuisiert und sehr oft werden Frauen nicht ernst genommen. Es erscheint als würde die Tatsache, dass sich die Hormone eines Tages wieder stabilisieren ausreichen, um Frauen in dieser Ausnahmesituation alleine zu lassen. Gepaart ist diese Form der Depression mit starken Schuldgefühlen und Scham. Sollten wir uns nicht gerade jetzt unfassbar dankbar, glücklich und zufrieden fühlen? So löst das Gefühl eine unzureichende Mama zu sein, erneut eine depressive Stimmung aus und der Teufelskreis ist in sich perfekt geschlossen.

Nach der Geburt von Emil verspürte ich am dritten Tag, am Tag des Milcheinschusses, eine starke Sensibilität und musste sehr viel weinen. Damit war der Babyblues erledigt und ich glückselig in meiner neuen Rolle als Mama. Die Geburt von Alva durfte ich nochmals als wundervoll erleben und mit Endorphinen ausgestattet bin ich ins Wochenbett gestartet. Vorsorglich habe ich für den dritten Tag keinen Besuch geplant, doch die Tränen blieben ohnehin aus. Etwa 6 Wochen nach der Geburt von Alva begann ich mich extrem panisch zu fühlen. Ich war mir 5 Tage lang sicher einen ausbrechenden Herpes zu haben und habe mit Mundschutz geschlafen, um meine kleine Tochter nicht zu töten. Ich konnte sie kaum angreifen, weil ich mir sicher war eine Gefährdung für sie darzustellen. Gefolgt von einer eigenen Hautkrebsdiagnose, die mich eine ganze Nacht weinend am Boden unseres WCs verbringen hat lassen. Danach verspürte ich eine Ganzkörperpilzerkrankung, die mit Sicherheit das Leben von Alva und auch mein eigenes gefährden würde. Diese unfassbare Panik geht an manchen Tagen mit einem Gefühl der Traurigkeit und Antriebslosigkeit einher. Es gab und gibt immer noch Tage, an denen ich mich kaum überwinden kann aufzustehen. Für mich, als einen Menschen, der nie depressive Verstimmungen kannte, ein unfassbar unerträgliches Gefühl. Erst als ich verstand, dass das alles Zeichen einer Wochenbettdepression sind, konnte ich handeln. 

Ich suchte mir einen neuen Gynäkologen, der mich umfassend beriet und der Satz von ihm „wenn man es erstmals erkennt und benennt, ist es auch schon beinahe wieder vorbei“, zeigt sich bei mir als durchaus wahr. Ich versuche mir Alltag zu schaffen, täglich auf meine Matte zu gehen, sooft sich die Sonne im grauen Wiener Becken zeigt gehen wir spazieren und wenn der tägliche Gang zum Spiegel, um den etwaigen ausbrechenden Herpes zu kontrollieren ruft, lächle ich mir versöhnlich zu. Es gibt Tage, an denen ich mich ganz normal fühle, mit meinen Kindern unbeschwert lache und spiele, Handstände mache und tanze und ein Mittagessen koche. Doch es gibt auch jene Tage, an denen alles grau ist. Wo ich kaum Überlebenschance für mich und meinen Säugling sehe und das Bett mein bester Freund ist. Aber auch an diesen Tagen weiß ich, dass das ein Spiel meiner Hormone ist und ein Ende haben wird. 

Warum schreibe ich über diese Depression? Ich arbeite seit etwa 10 Jahren sehr eng mit Menschen. Ich massiere, halte private Yoga- und Pilatesklassen, begleite Frauen in der Schwangerschaft und danach in der Rückbildung. In diesen Momenten der Nähe, erfahre ich wirklich so gut wie alles dieser Menschen. Ihre Gefühle, Ängste und Freuden – doch ich habe so gut wie noch von Frauen erfahren dürfen, dass sie an einer postnatalen Depression leiden. Es ist ein Thema der absoluten Schuld und Scham und des absoluten Tabus und das gehört gebrochen!

Wochenbett

Das Wochenbett!

Das Wochenbett wirkt auf viele von uns in der westlichen Welt, wie ein Begriff aus alten Tagen mit dem wir wenig anfangen können. Haben doch meist weder unsere Mütter noch deren Mütter ein längeres Wochenbett gehalten und so wird das Ausrasten nach der Geburt oft als Schwäche gesehen. Ich selbst verband lange Zeit mit dem Begriff des Wochenbetts eine romantisierte Vorstellung von Frauen in Dorfgemeinschaft, die die ersten Wochen nach der Geburt ihres Kindes ruhend im Bett verbracht haben und dabei von den Frauen des Dorfes mit Essen, Rat und Haushaltshilfe unterstützt wurden. Wenn man sich aber ein wenig in die Geschichte des Wochenbetts einliest, merkt man schnell, dass diese – wie zumeist die gesamte Frauengeschichte – eine wenig Romantische ist. So galt die Frau im Mittelalter als unrein solange sie Wochenfluss hatte und musste diese Zeit abgeschottet im Wöchnerinnenzimmer verbringen. Mit dem Versiegen des Blutes , durfte sie zurück in der Kirche zeremoniell gereinigt werden. Jede Kultur hat eine andere Länge und Form des Wochenbetts und selbst in der harten Zeit des Nationalsozialismus wurde auf eine strenge Einhaltung eines 10-tägigen Wochenbettes geachtet. Dabei ging es weniger um die Achtung vor der Anstrengung der Schwangerschaft und Geburt, als darum Frau und Kind möglichst gesund und stark zu machen. Als Fazit kann man wohl dennoch ganz klar ziehen, dass ein Wochenbett mit entsprechender Entlastung und Schonung der Frau über die Jahrhunderte hinweg ein probates Mittel für eine physische und emotionale Gesundheit von Frau und Kind darstellt. 

Doch kommen wir zurück in unsere Zeit. Frauengeschichte ist geprägt durch Unterdrückung, Kampf nach Gleichstellung und meist mit Gewalt versehen. Es liegt wohl im Naturell der selbstbewussten Frau das nicht genau betrachten zu wollen. Zu schmerzhaft ist ein wirkliches Hinsehen, wie wir Frauen im Laufe der Geschichte Schwangerschaften, Geburt und das anschließende Wochenbett erlebt haben. Gut abgespeichert in der Epigenetik bedarf es einer enormen Anstrengung und Achtsamkeit diese Geschichte zu durchbrechen und zu heilen. Die Härte und Selbstverständlichkeit, die ich höre wenn ich den Geburtsgeschichten von Frauen der Generation meiner Mama lausche, lässt mich meist bedrückt zurück. Selbstverständlich ist man gleich spazieren gegangen. Natürlich war der Mann arbeiten und man hat Haushalt geschupft und Kinder betreut. Klar hatte man Schmerzen – man wurde ja schließlich brachial aufgeschnitten – aber da jammert man nicht. Frau beißt die Zähne zusammen und stellt sich dem Alltag. 2020 ist die Härte eine andere: der Mann nimmt sich doch meist zumindest 2 Wochen Urlaub, die Physiotherapeutin schaut im Krankenhaus kurz vorbei und wenn man Glück hat, hat man eine Hebamme, die zumindest erklärt wie man sich gut um seine Geburtsverletzungen kümmert. Doch soziale Foren zeigen die fitten Mamas unmittelbar nach der Geburt wunderschön, gertenschlang und trainiert. Heidi Klum läuft einige Wochen nach dem Wunschkaiserschnitt wieder eine Unterwäscheshow und die meisten von uns erliegen dem Druck lange gut zu stillen, ausgewogen und gesund zu kochen und Tiefkühlessen und Hipp-Gläser beschämen uns. Mit all der gebotenen Reflexion ist es uns, sofern dieses Wissen parat steht, die finanzielle Situation es erlaubt und das Familiengefüge stimmig ist, dennoch möglich die Frauengeschichte zu verändern.

Ich selbst habe nach der Geburt meines Sohnes, die ich als ausgesprochen schön erleben durfte, ein sehr strenges Wochenbett gehalten. Maßgeblich verdanke ich das meiner Hebamme, die mich klar auf die Vorteile hingewiesen und meinen Mann dazu beordert hat, dieses streng zu überwachen. Eine Woche im Bett, eine Woche am Bett und eine Woche ums Bett. Die ersten zehn Tage nach der Geburt gelten als frühes Wochenbett und sollten tatsächlich streng eingehalten werden. Diese Zeit ist wichtig um eine erste intensive Beziehung zwischen Mama und Kind zu ermöglichen. Die beiden kennen sich zwar schon einige Monate, aber der erste physische Kontakt bildet wahrscheinlich die Grundlage für die Beziehung. So ist ein ausgiebiges Kuscheln und Erspüren von Haut wichtig um genügend Oxytocin auszuschütten. Dieses Hormon brauchen wir ganz dringend um die Milchbildung anzuregen. Mama und Baby stimmen sich aufeinander ein und können in Ruhe eine gute Stillbeziehung aufbauen. Wenig förderlich dabei sind viele lange Besuche, bei denen die Mutter selbst für die Bewirtung der Gäste zuständig ist. Am besten bleibt ihr im Pyjama und beschränkt die Besuchszeit auf maximal eine Stunde und bittet eure Gäste etwas zum Essen mitzubringen. Im Wochenbett findet neben dem Aufbau eurer Stillbeziehung aber auch eine immense Hormonumstellung statt, die viele Frauen sehr fordern kann und oftmals in die Wochenbettdepression führt. Umso wichtiger ist es jetzt, dass du gut auf dich achtest, so viel wie möglich schläfst, die Zeit als neue Familie auskostest und dir ganz viel Ruhe gönnst.

Dein Baby ist geboren und damit hat dein Bauch wieder ganz viel Platz. All deine Organe müssen sich langsam wieder an ihren ursprünglichen Ort einfinden, der Darm organisiert sich neu und die Gebärmutter arbeitet daran sich zusammenzuziehen. Diese Vorgänge kombiniert mit der Anstrengung der vorangegangen Schwangerschaft und Geburt kosten viel Energie. Sei so achtsam und liebevoll du kannst zu dir und halte dir immer wieder vor Augen was du Großartiges leistest. Dein Körper schafft Leben und nährt Leben. 

Der Geburtsvorgang hat deinen Körper auf vielen Ebenen wohl gefordert, aber ganz besonders deinen Beckenboden. Ich erinnere mich gerne an die Geschichte meiner Osteopathin, die von einer Wiener Privatklinik erzählt hat. In der sie unzählige Male bereits nach der Geburt, als Physiotherapeutin den Hometrainer ins  Zimmer der Frau bringen musste. Eine gute Rückbildung ist unfassbar wichtig, sie fängt aber erst nach einigen Tagen ganz, ganz sanft an. Niemand käme nach einer Operation oder schweren Erkrankung auf die Idee, sich körperlich zu fordern. Uns ist allen klar, dass man sich einige Zeit schont, rastet und dann langsam mit dem Aufbau der Muskulatur – im besten Fall unter Observierung eines entsprechenden Therapeuten – beginnt. Doch Frauengeschichte ist anders! Es liegt leider auch hier an uns Frauen selbst, diese zu verändern. Die ersten Tage nach der Geburt solltest du so wenig sitzen, stehen und gehen wie möglich, um den Druck auf deinem Beckenboden so gering wie möglich zu halten. Erst danach beginnt eine sanfte Rückbildung. Als Feministin und politischer Mensch tut es mir immer wieder weh zu sehen wie brutal mit dem Körper der Frau umgegangen wird. Wie selbstverständlich Geburtsverletzungen, Gewalt im Kreißsaal und das Funktionieren der Frau in unserer Gesellschaft vorausgesetzt wird. Das Private ist Politisch und ich wünsche mir sehr eine Frau in der Politik, die sich für das Recht der Frau auf eine physische Unversehrtheit einsetzt. Das Thema bietet unzählige Aspekte und ich freue mich schon auf weitere Blogartikel dazu. Wenn du gerne mehr über ein Thema lesen möchtest, schreib mir einfach 🙂

Die Geburt meines zweiten Kindes steht an, auf die ich mich schon wirklich sehr freue. Dabei nicht nur auf das im Arm halten meiner Tochter, sondern auf die Geburt von Alva an sich. Wie bei Emil habe ich vor die ersten Wochen und Monate hauptsächlich kuschelnd im Bett zu verbringen. Denn die Welt da draußen wird es danach auch noch geben!

Der perfekte Leistungsträger

Bei der Wiener Gemeinderatswahl am kommenden Sonntag geht es um sehr viel. Zumindest für mich. Ich liebe diese Stadt. Wie keine andere Großstadt, in der ich bislang war, gelingt es Wien allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Als bekennende Sozialdemokratin und Mitglied der SPÖ seit über 18 Jahren, geht es mir jetzt aber gar nicht darum die Errungenschaften dieser aufzuzählen. Es sei doch erwähnt, dass wir den Luxus grüner Oasen wie den Lainzer Tiergarten oder den Grünen Prater mitten in der Stadt haben, wohnen mittlerweile teuer – dennoch leistbar – ist, die öffentlichen Verkehrsmittel unfassbar gut ausgebaut und sehr günstig sind, die Stadt eine Vielzahl an kulturellem Angebot bietet und die Kriminalitätsstatistik rückläufig ist. Nicht umsonst gewinnt unsere Bundeshauptstadt Jahr für Jahr den ersten Platz der lebenswertesten Stadt der Welt. 

Seit einigen Jahren haben wir in der Bundespolitik Menschen, die die absoluten Leistungsträger der Gesellschaft darstellen. Sie sprechen jene Leistungsträger unter der österreichischen Bevölkerung an, die tatsächlich diesem Menschenbild entsprechen und jene, die gerne so wären. Sebastian Kurz und seine Regierungsmannschaft sind die perfekten Schwiegersöhne. Ich schreibe absichtlich Söhne, weil die Frauen der Neuen Volkspartei wie gruselige humanoide Roboter wirken, die keine eigenständige Meinung und Persönlichkeit mitbringen durften. Ich glaube dem Bundeskanzler und Gernot Blümel, dass sie vor der Arbeit noch ins Fitnessstudio gehen, nicht rauchen, die Wochenenden wandernd verbringen, gemäßigt und gesund essen, einen Bestseller pro Quartal lesen und ebenso oft ins Burgtheater gehen. Sie sind makellos, unangreifbar wie unmenschlich. Diesen menschlichen Perfektionismus und Leistungsgedanken legen sie allerdings auch auf die Bevölkerung um. Es wird doch möglich sein Deutsch zu erlernen, obwohl das Budget für Begleitlehrerinnen gekürzt wurde. Ein bisschen Engagement darf man von den Menschen doch erwarten. Herr Mahrer ermahnte uns kürzlich, dass die Bereitschaft der Arbeitssuchenden ihren Wohnort an das andere Ende des Landes zu ziehen größer werden müsse. Sonst sieht man sich eben gezwungen das Arbeitslosengeld zu kürzen. Ein bisschen Flexibilität darf man sich doch wohl erwarten. Die Erweiterung auf eine 60-Stunden Woche ist ja schon fast wieder vergessen. Ohne Fleiß kein Preis liebe Leute. Finanzminister Blümel kandidiert nun in Wien für die Neue Volkspartei. Er gilt mit seinem Magister der Philosophie als der Intellektuelle der Türkisen und die Vorstellung, dass Wien tatsächlich von Menschen wie dem Finanzminister mitgestaltet wird,  lässt mich erschaudern und um meine geliebte Stadt bangen.

Zum ersten Mal seit ich denken kann, erinnere ich mich nostalgisch an die Köpfe der alten ÖVP. Waren Kdolsky, Leitl und Gio Hahn echte Menschen mit Ecken, Kanten und Makel. Ich fürchte die FPÖ und das Team HC Strache in Wien nicht. Ihr Wahlprogramm ist ehrlich, durchschaubar und es muss offenbar einen gewissen rechten Anteil an Wählerinnen in jeder Gesellschaft geben. Ich fürchte um das solidarische, schöne Miteinander dieser Weltstadt. Wo man im Kaffeehaus eine Stunde Zeitung liest und einen kleinen Braunen trinkt. Wo Leistung nicht alles und Leben mehr ist, als zu funktionieren. 

Die Schande Europas

Es hat über vier Tage gedauert, bis ich es geschafft habe mir Fotos von Moria anzusehen. Vier Tage an denen ich wohl Fotos gesehen, Berichte gelesen, Interviews gehört habe – aber es hat vier Tage gedauert, um tatsächlich zu wagen dieses Elend mit meinem Herzen zu sehen. Danach musste ich so bitterlich weinen, wie schon sehr, sehr lange nicht mehr. Zu wissen, dass mein kleines Kind wohl behütet in unserem Familienbett schläft, gut genährt, warm gebadet, in frischer Windel, in sauberer Wäsche. Zu wissen, dass wir ihn gemeinsam gestreichelt, seine Lieblingsmusik gehört haben, er seine Gute-Nacht-Flasche getrunken hat und sicher geborgen in den Armen seines Papas einschlafen durfte. Ich weiß, dass es meinen Kindern nie an etwas fehlen wird. Sie niemals hungern, frieren und Durst erleiden müssen. Sie medizinische Versorgung, eine gute Bildung erhalten werden und ziemlich sicher nie um ein Morgen bangen müssen. Das alles, weil sie das Glück hatten hier im Herzen Europas geboren zu sein. Dieses Glück hatten die Kinder, die nun in Moria hungern und frieren, keine Schuhe und kein Wasser haben, die in schmutziger Erde liegend, sich an das letzte Stofftier klammern, nicht. Mit ihren Eltern geflüchtet aus Ländern, in denen seit Jahren Krieg herrscht. Auf unvorstellbare Weise nach Europa gekommen, leben sie nun seit Jahren in den überfüllten Lagern Griechenlands. Jeder Mensch, der ein Kind zur Welt gebracht hat, muss sich nur ein einziges Mal die Frage stellen, wie aussichtlos die Situation im Heimatland sein muss, um eine Flucht über Land und Wasser mit seinen Kindern zu riskieren. Niemand flieht, wenn er nicht muss. Niemand flieht, wenn es nicht aussichtslos ist. Jahrelang hat Europa nicht gehandelt. Jahrelang hat Europa zugeschaut, wie Kinder sich in Moria selbst das Leben genommen haben. Wir kennen alle die Bilder von ihnen in Flipflops an offenen Feuerstellen und haben zugeschaut.

Erinnern wir uns an 2015, sagt der Kanzler. 2015 darf sich nicht wiederholen, sagt der Außenminister. Wer die Lager jetzt leert, trägt die Verantwortung für die nächste Zuwanderungswelle. Brandstiftung darf nicht mit Asyl belohnt werden, sagt der Innenminister. Das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinen, sagt der Kanzler.

Mag es Populismus sein, oder das tatsächlich menschenverachtende Weltbild dieser Bundesregierung – es lässt mich erschaudern. Die Kommentare auf den sozialen Foren geben den großen Politikern häufig recht. Kein Platz für diese Kinder, kein Platz für ihre Eltern, kein Platz für diese Menschen. Immer wieder fällt 2015 und ich frage mich, was war 2015? Wo geht es uns ÖsterreicherInnen seither schlechter? Alle Kriminalitätsstatistiken sind gesunken, die medizinische Versorgung ist gesichert und wenn es uns subjektiv schlechter geht, dann nur weil es Medien und Politik so wollen. Denn es gibt keine validen Daten, die das belegen könnten. 

Minister Blümel, wenn du abends dein Kind sicher und wohlbehütet ins Bett bringst, weißt du dann um deine Politik? Weißt du was dein Handeln, deine Worte, deine Härte, deine Kälte für eine Gesellschaft bilden? Hier geht es nicht um Stimmenmaximierung, hier geht es um ein humanistisches Europa. Ein Europa, der Menschlichkeit, der Achtung vor dem Leben Anderer, ein Europa des Hinsehens und nicht bloß Hinzeigens, um die eigene Macht zu maximieren. Wohl wissend, dass diese Macht auf Kosten der Ärmsten entsteht. 

Nachdem ich fertig geweint habe, bin ich zu meinem Baby gegangen und habe es geküsst und gestreichelt. Dann habe ich mich mit einer Folge einer Serie abgelenkt, um diesen unendlichen Schmerz nicht mehr spüren zu müssen. Diese Ablenkung ist den Kindern und ihren Eltern, all den Menschen in den Lagern Griechenlands wohl nicht vergönnt. Sie leben mit dem Schmerz nicht gewollt zu sein. Sie leben mit dem Schmerz ihren Familien keine sichere Zukunft, kein warmes Bett, Essen und auch nicht genügend Wasser zum Trinken geben zu können. Das Inmitten von Europa. 

Entspannung muss trainiert werden!

Dieser Satz wird viele von uns – mich eingeschlossen – ein bisschen unangenehm berühren. Sollten wir das süße Nichtstun nicht alle gut können? In einer Welt, die ständig auf Hochtouren läuft, von einem ¼-Telefonanschluss nichts mehr weiß, ist Entschleunigung ein Modewort geworden. Aber wie entspannen, wenn der Körper und Geist auf Performance ausgerichtet sind?

Im Yoga sprechen wir oft von Yin und Yang und das ist wohl der Inbegriff von einem ausgeglichenen Leben geworden. Yin, die schwarze Seite des Kreises symbolisiert den Winter, die Nacht, die Ruhe. Yang, die weiße Seite steht für den Sommer, den Tag, die Aktivität. Doch damit nicht genug, so beziehen sich Yin und Yang auf die Funktionen der Organe, das Gemüt und viele andere Qualitäten des Lebens. Sie stehen allerdings nie abgegrenzt für sich: der kalte Winter geht sanft in einen frischen Frühling über und mündet in der Hitze des Sommers, um sich im moderaten Herbst wieder zu finden. Es geht um Ausgleich und Balance. Keine der Qualitäten kann für sich stehen, noch ist eine der anderen überlegen. Sie ergänzen und befruchten sich und suchen das Miteinander und dafür braucht es ein aktives Zutun von uns. 

Wem die Begriffe Yin und Yang zu abstrakt wirken, kann aber einfach auf die Medizin blicken. Parasympathikus und Sympathikus sind Teil unseres vegetativen Nervensystems und repräsentieren ganz ähnlich die unterschiedlichen Qualitäten unseres Seins. Der Sympathikus ist vereinfacht ausgedrückt unser „fight and flight“-System. Er ist immer dann aktiv, wenn unser Körper zu leisten hat. Seine Funktionen sind unter anderem das Steigen der Herzfrequenz, die Erweiterung der Pupillen, aber auch das Zurückhalten des Harns. Kurz gesagt, alles was unser Körper können muss um zu fliehen und zu kämpfen. Hingegen bringt uns der Parasympathikus in den Ruhezustand. Er lässt Puls und Blutdruck sinken, die Augen dürfen sich entspannen und die Verdauung beginnt zu arbeiten. Auch hier benötigen wir beide Teile um gut zu schlafen, verdauen, bewegen und fühlen zu können. 

Das Schöne am Daoismus ist, dass keine der Qualitäten besser ist als die andere. Wenn du dich in einer aber besonders vertreten fühlst, kannst du die andere bewusst stärken und trainieren. Da hilft uns Yoga! Der bewusste Umgang von Aktivität in Passivität kann hier gut geübt werden. Die aktiven Sonnengrüße: der Atem und Puls wird schnell und hoch. Danach kommst du bewusst für ein paar Atemzüge zum Stehen und bist die andere Qualität. Mit ein bisschen Übung, wird der Übergang von Anspannung zu bewusster Entspannung leichter – so kannst du Entspannung trainieren. 

Spannend ist auch, dass jenes Naturereignis, das uns alle zur Welt bringt ein perfektes Zusammenspiel von Yin & Yang/ Parasympathikus & Sympathikus darstellt. Die Pause zwischen den einzelnen Wehen ist genauso wichtig, wie die Kontraktion der Gebärmutter. Wenn unsere kleinen Babys sich nicht in den Wehen-pausen ausruhen würden, um Kraft für das Hinausgleiten aus der Mutter zu sammeln, wäre die Geburt wohl unmöglich. Kaum auf der Welt,  kannst du die Ergänzung dieser beiden Qualitäten besser als bei den Kleinsten beobachten. Sie holen sich ganz viel Ruhe und Schlaf um danach wieder fleißig zu Üben und zu Lernen. 

Gerade in angstbesetzten Zeiten wie diesen, ist es wichtig gut auf uns zu achten um optimale Vorraussetzungen für unseren Geist und damit auch Körper zu sorgen.

Über EPUs, KMUs, MyClubs und Yoga

Um einen etwaigen Fragenansturm entgegenzuwirken, haben wir uns dazu entschlossen einen kurzen Text zu der aktuellen wirtschaftlichen Situation für Klein- und Mittelbetriebe in Österreich zu verfassen. Auch wenn es uncharmant klingt sind wir als Yogastudio ein Unternehmen. Wir zahlen Miete, Strom, Wasser, Gehälter, Registrierkassensoftware, Steuerberater Honorare, unzählige Versicherungen, SVS-Beiträge, Umsatzsteuer, Einkommensteuer und vieles mehr. Dazu kommt ein überschaubarer Betrag, den wir uns selbst auszahlen um unser eigenes Leben zu finanzieren. 

Nun klingt das fantastisch, wenn der Herr Bundeskanzler und sein Team verkünden, dass von nun an keine Mieten mehr zu zahlen sind, SVS-Beiträge gestundet werden können, Kredite zinsfrei vergeben werden und der Härtefond Förderungen auszahlt. Ganz abgesehen davon, dass es dabei noch keine klare Rechtslage gibt und diese Förderungen niemanden tatsächlich abfangen werden, benötigen Unternehmen – ganz nach Peter Hacker – Umsätze und keine Liquidität. 

Worauf möchte ich nun eigentlich hinaus? 

Ganz selten, aber doch wird auch bei uns der Online-Betrieb mit der Äquivalenz eines realen Studiobetriebs in Frage gestellt. Daher haben wir uns entschieden den Preis der Mitgliedschaft von 80 Euro pro Monat, in dieser Zeit, ohne Bindung als Monatskartenpreis anzubieten. Das erscheint uns ein fairer Preis um all jene oben genannten Kosten decken zu können. Hinzu kommt, dass  Online Yoga Stunden ein enormer Arbeitsaufwand sind. Die Stunden werden gedreht, geschnitten, bearbeitet, komprimiert, hochgeladen und versendet, um nur einige der Arbeitsschritte zu nennen. 

Wir arbeiten als Vertragspartner mit MyClubs zusammen, diese launchen mit 2. April ein neues Produkt. Eine Mitgliedschaft mit unlimitierten Zugang um 45 Euro im Monat. Ein Produkt, bei dem natürlich beide ihren Anteil bekommen. Man muss keinE großeR MathematikerIn sein, um sich auszurechnen wieviel da für die Studios übrig bleibt, wenn man als User in mehreren Studios im Monat unzählige Male Yogaklassen online buchen kann

Unsere LehrerInnen investieren viel Zeit, Liebe und Wissen um euch täglich wunderbare, abwechslungsreiche und intelligent aufgebaute Stunden zu bieten. Dabei wird gesungen, Witze erzählt, Positionen genau erklärt, auf Wünsche und Anregungen eingegangen und wir versuchen euch den Zauber der gemeinsamen Yogapraxis auch in dieser schwierigen Zeit im Wohnzimmer zu ermöglichen. Wir sind der Meinung, dass diese Yogastunden mehr wert sind als den oben errechneten Betrag.  Daher werden wir als Coming Hooomm diese Mitgliedschaft unseres Vertragspartners nicht anbieten.

Wie schon seit eh und je, finden wir selbstverständlich für all jene Menschen, die gerne Yoga praktizieren möchten und sich das nicht leisten können, eine individuelle Lösung.

Um nochmals auf die Uncharmantheit des Themas Wirtschaftlichkeit und Yoga zurückzukommen: die meisten von uns Studios werden nicht reich. Die meisten von uns Studios haben Schwierigkeiten diese Zeit zu überstehen. Wenn ihr also nach der Krise in einigen Wochen noch durch  die realen Türen eurer Lieblingsstudios gehen möchtet, dann unterstützt eure lokalen Unternehmen. Dies gilt natürlich nicht nur für unsere Branche, sondern für alle anderen geschlossenen Läden in deiner Umgebung! 

Bleibt gesund und passt auf euch auf! 

Genug ist Genug!

Die Menschen meiner Blase jubeln – sie kennzeichnen den 18. Mai als einen Freudentag. Mir fällt das Freuen und Jubeln schwer. Selbst wenn man versucht alle Gerüchte in die hinteren Teile des Bewusstseins zu schieben – die monatelangen Gerüchte nach Neuwahlen im Herbst, der bereits aktive Wahlkampf der Kanzlerpartei, das merkwürdig passende Auftreten des Ibiza-Videos – bleibt ein mulmiges Gefühl. Ein Video, das dem Kanzler seit Tagen bekannt ist. Am Tag der Veröffentlichung, teilt Sebastian Kurz der Bevölkerung mit „er wisse nun was zu tun sei“ . Trotzdem lässt er Österreich am Samstag bis zum Hauptabendprogramm – der stärksten Sendezeit – warten. Um in 4 Minuten das Zukunftsprogramm zu verkünden: gefasst, als Staatsmann teilt er uns selbstbewusst mit, dass es ohne Sebastian Kurz in diesem Land nicht geht. Die FPÖ zu rechtsextrem und korrupt, die SPÖ teile seine Inhalte nicht und die anderen Parteien sind zu klein. Was bleibt? Er, er allein für dieses Land!

Die Linke freut sich! Endlich ein Ende mit dieser unsäglichen FPÖ als Regierungspartner. Die zwei Wölfe müssen gehen. Mit ihnen wohl noch weitere Wölfe – doch der Wolf im Schafspelz bleibt und er ist derjenige, der mir Angst macht. Kanzler Kurz ruft keine Neuwahlen aus, wenn er sich nicht sehr sicher ist an der Absoluten zu kratzen oder sie zu erreichen. Im Internet tauchen Fragen auf: türkis & pink? Das wäre doch mal schön! NEOS haben ein klares Bekenntnis zum Rechtsstaat und gelebten Parlamentarismus – eine politische Zusammenarbeit, die der neuen ÖVP mit Sicherheit zu anstrengend ist. Eine Liste „Jetzt“, die den Einzug ins Parlament wohl nicht schaffen wird. Die Grünen ohne Mandat im Nationalrat, die einen kurzfristigen nationalen Wahlkampf kaum finanziell stemmen werden können und eine etwas hilflose SPÖ mit einer Bundesvorsitzenden, die ihren Platz noch sucht. Was bleibt ist eine wahrscheinliche politische Zusammenarbeit mit einer „neuen“ geschwächten FPÖ. Eine Partei, die – wie ich glaube, nicht mal viel Prozente einbüßen wird – dennoch dankbar und willig in eine Regierungsbeteiligung einsteigen wird. Oder aber eine Alleinregierung unter Kurz. Der Mann, der das Wort „Message-Control“ nach Österreich gebracht hat, den Parlamentarismus nicht interessiert und der die Sozialpartnerschaft als unnötig betrachtet. 

Nein, ich juble nicht. Ich werde mein rotes T-Shirt anziehen und Wahlkampf machen! Mein kleiner Sohn strampelt schon kräftig in meinem Bauch – sein errechneter Geburtstermin ist der 15. Oktober 2019. Zwei Jahre nachdem diese Bundesregierung angelobt wurde. Ich hoffe diesen Tag neu und schön besetzen zu können, denn ich habe Emil versprochen, dass er ein schönes Leben haben wird. Ein friedliches, sicheres Leben in einem westeuropäischen Staat, dem der Rechts- und Sozialstaat ein Anliegen ist.